Party: Axel Rudi Pell
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Es sollte der Höhepunkt seiner Karriere werden. Und er wurde es. Als Axel Rudi Pell am 11. Juli 2014 in Balingen mit einer mehr als dreistündigen Show seine ersten 25 Jahre als Solokünstler feierte, waren nicht nur die anwesenden 15.000 Fans begeistert. Der Mitschnitt dieses einmaligen Konzertes schaffte es nach der Veröffentlichung am 24. April 2015 auf die Nummer 1 der deutschen und der schwedischen DVD-Charts, erreichte Platz 4 in der Schweiz, Platz 7 in Österreich und Platz 17 in den Niederlanden.
Wer nach diesen Erfolgen gedacht hätte, dass sich Pell auf seinen Lorbeeren ausruht, kennt den Gitarristen und seinen Arbeitsethos schlecht. Schon im Sommer 2014 sammelte er die ersten Ideen, ins Studio ging es dann im Herbst 2015. „Alles lief nach Plan“, grinst er. Keine besonderen Vorkommnisse, möchte man meinen. Also, nichts Neues an der Pell-Front? Schon wieder liegt der neutrale Betrachter mit seiner Einschätzung falsch. Denn wer jetzt erwartet hat, dass Pell sich seine zahlreichen Sommer-Gäste auch auf das nächste Studioalbum einlädt, um noch einmal die große Jubiläumskeule zu schwingen, hat im vergangenen Vierteljahrhundert etwas Entscheidendes verpasst: ARP kann es allein. Und er will es auch. „Auf den Gedanken, dieses Mal mit Gastmusikern zu arbeiten, bin ich nicht gekommen“, sagt er. Wozu auch? Nach dem Neuzugang von Bobby Rondinelli (Ex-Rainbow/Black Sabbath/Blue Öyster Cult u.a.) im Jahr 2013 ist seine Band eingespielter als je zuvor, denn „Bobby passt zu ARP wie die Faust aufs Auge“. Rondinelli sei der perfekte Drummer, der genau wisse, was er zu spielen habe; auf „Game Of Sins“ noch mehr als beim Vorgänger „Into The Storm“ (2014, Platz 5 in den deutschen Charts). Kein Wunder, denn das 16. Studioalbum von Axel Rudi Pell (mit eigenem Material) ist eine richtig runde Sache geworden. „Alle Beteiligten sind sich einig“, strahlt Pell, „dass es diesmal keinen Füller gibt.“ Was auf früheren Alben, so gibt er augenzwinkernd zu, nicht immer der Fall war. „Game Of Sins“ ist eindeutig härter, griffiger, das Songwriting noch besser – hier trifft Routine auf Können. Auch vom Sound her macht ARP einen weiteren Schritt nach vorn: „Mit Abstand gebe ich zu, dass die Drums auf dem Vorgänger zu sehr im Hintergrund waren“, was jetzt geändert wurde: Sie klingen voller und aggressiver, sind den neuen Songs angepasst.
Aber es ist nicht nur ein Pflichtkauf für Air-Drummer, Riff-Fetischisten und Soli-Anbeter kommen genauso auf ihre Kosten. Und dass Sänger Johnny Gioeli zu den Koryphäen seines Faches gehört, dürfte unbestritten sein. Kurzum: „Game Of Sins“ zeigt eine Band auf der kreativen Höhe ihres Schaffens. Auch wenn es das Cover und das Intro „Lenta Fortuna“ (lat. etwa: Pech gehabt) nahelegen, ein Konzeptalbum rund um das Thema Spielen ist „Game Of Sins“ nicht geworden, sondern ARP in Reinkultur: Der mit Sirenen unterlegte Metal-Opener „Fire“ ist Programm, mit „Sons In The Night“ zollt ARP nicht nur der TV-Serie ‚Sons Of Anarchy‘, sondern auch der NWOBHM Tribut. Im Titelstück, dem mit fast neun Minuten längsten Song der Scheibe, frönt Pell seiner Vorliebe für epische Themen und arabische Skalen, „Falling Star“ schielt wieder Richtung Anfang der Achtziger. Ein ARP-Album ohne Balladen gibt es nicht, denn komischerweise fallen dem Bochumer immer Songs wie „Lost In Love“ in den Schoß, freut sich der Namensgeber. Einer der Highlights findet sich mit „The King Of Fools“ in der Mitte: fünf Minuten pure Emotion, die perfekte Symbiose zwischen Härte und Melodie, mit einer Meisterleistung von Gioeli am Mikro, man achte aber auch auf die Gitarrenarbeit in den Strophen. „Till The World Says Goodbye“ zeigt Pell in seinem Element: episch, balladesk, ein düsterer Endzeit-Stampfer, „Breaking The Rules“ ist ein weiterer Melodic Rocker, bevor mit der Ballade „Forever Free“ das reguläre Album entspannt endet. Der krönende Abschluss allerdings findet sich auf dem Digipak: ARP gelingt als allererstem eine Hardrock-Version des Dylan/Hendrix-Klassikers „All Along The Watchtower“, ein Herzenswunsch. „Der Song ist alles andere als einfach zu instrumentalisieren, aber es hat sich gelohnt.“ Oder besser ausgedrückt: „Es lief alles nach Plan.“ Was will man mehr? „Game Of Sins“ ist ein weiterer ARP-Höhepunkt.